Greenland 2018

August, 2018

Carola berichtet…

Seit drei Tagen an Bord und bisher nur eine Stunde davon gesegelt. Kein Wind, obwohl wir Rasmus mit Wiskey bestochen haben… der ist aber auch anspruchsvoll, der Kerl!

Am 08. August sind Gunter, Gunther, Eshana und ich (Carola) in Narsarsuaq an Bord gegangen und haben Suse und Inken abgelöst. Suse ist am 08. August Richtung Hannover nach Kopenhagen geflogen, Inken blieb noch eine Nacht im hostel, bis es am nächsten Tag weiter nach Ilulissat gehen sollte.

Da Gunter und ich schon zwei Wochen früher angekommen sind, schon viel erlebt und gesehen hatten, waren wir mittlerweile die homeys, kannten die Highlights und die gesamte Logistik von Narsarsuaq und Umgebung. Auch den meisten Leute vom „Blue Ice“ waren wir mittlerweile bekannt. „Blue Ice“ ist in Narsarsuaq DIE Adresse, was alle touristischen Aktivitäten betrifft: Trekken, Kajak fahren, Angeln, Ausflüge zum Qooqqut – Gletscher, Bootsfahrten zu anderen Orten… Alles wird vom „Blue Ice“ organisiert oder vermittelt. Gegründet wurde der Laden von einem Norweger, der in den 70er Jahren mit einem umgebauten Fischerboot nach Grönland gesegelt war, dort jahrelang weiter nördlich lebte und Ende der 80er in Narsarsuaq das Blue Ice aufgebaut hat. Mittlerweile ist es ein relativ großes Unternehmen mit ca. 40 Angestellten, von denen ungefähr die Hälfte Einheimische sind und der Rest Dän*innen. Das Schiff von der damaligen Überfahrt – die „Puttut“ – liegt im Hafen und wird für die Ausflüge zum Gletscher genutzt. Auch für Gunter und mich war nach der Landung das „Blue Ice Café“ die erste Adresse zum Orientieren. Voll aus dem Arbeitsstress kommend und total überfordert von den visuellen Eindrücken, waren wir froh, einen Anlaufpunkt zu haben, unser Monster-Gepäck (jeweils ca. 25kg + Handgepäck) parken und uns erstmal umgucken zu können. Unseren ursprünglichen Plan: Wir bauen unser Zelt irgendwo außerhalb auf, checken Trekking- und Kletteroptionen ab und legen dann sofort los, haben wir schnell verworfen und uns zum Runter- und Ankommen im hostel geparkt.

Narsarsuaq…

In den folgenden Tagen haben wir von unserem „Base-Camp“ Tagestouren gemacht: zum Inland-Eis, den höchsten Punkt bei Narsarsuaq (970m) erklommen mit Blick auf den kalbenden Gletscher, den Hafen besucht, währenddessen immer wieder die Optik bestaunt und Gunter hat versucht alles fototechnisch zu dokumentieren. Wir hatten beide noch nie Eisberge in Natura gesehen und die Farbzusammenstellung der Pflanzen ist hier sehr schön arrangiert worden. Da kann sich der eine oder die andere Landschaftsplaner*in was abgucken. Abends waren wir so müde von den vielen Eindrücken, dass wir immer vorm Dunkelwerden schlafen gingen. In den ersten beiden Woche hatte ich vermutet, dass es einfach überhaupt nicht dunkel wird, weil es beim Aufstehen – egal wie früh – auch immer hell war. Manchmal konnten wir nur noch mit müden Augen das Sonnenuntergangs-Spektakel beobachten. Relativ schnell haben wir mitbekommen, dass hier jede*r jede*n grüßt, was wir uns auch schnell angewöhnt haben, auch in der Hoffnung 😊 vielleicht nen Lift oder Fisch geschenkt zu bekommen. In Narsarsuaq leben 150 Leute und alles konzentriert sich um den Flughafen, weil der einer von den beiden internationalen Flughäfen Grönlands ist, und dieser hier für den Süden. Und wenn die US-Amerikaner*innen den nicht Anfang der 1940er gebaut hätten, wäre dort gar nichts. Im 2. Weltkrieg war das eine Brücke zu Europa und wurde von den USA bis 1958 betrieben. Heute ist es der Umschlagplatz für alle Touris von außerhalb, die in den Süden wollen. Wenn hier ein Flieger aus Kopenhagen oder Reykjavik landet (an 3 Tagen in der Woche), wird es ein bißchen wuselig, um die Leute zum Hafen oder ins Hotel/hostel zu fahren. Viele wollen gleich weiter in andere Ort, müssen also zum Hafen und deshalb gibt es einen Bus (Linie 56) für umme, der immer bereit steht, wenn eine von den großen Maschinen gelandet ist. In dem hostel, in dem die meisten nur ein/zwei Nächte bleiben, gehörten wir nach fünf Tagen auch schon zu den Oldies und haben John, dem Host, manchmal in der Küche beim Saubermachen geholfen.

… und die Besucher*innen

In der Zeit haben wir mit verschiedenen Leute gequatscht: Da war ein Franzose, vielleicht Anfang 70, der sich extra Essen für seine Trekking-Touren vorgeschickt hat, das nicht angekommen wollte. Die Sachen, die er im Pilersuisoq – dem örtlichen Supermarkt – kaufen konnte, waren nicht unbedingt für lange Touren geeignet, von manchen Sachen wußte er gar nicht, was es ist, weil es nur auf dänisch draufstand. Trotzdem war er entspannt und hat einige schöne Touren gemacht. (Zwei Wochen später haben wir ihn wieder getroffen. Da war sein Futter gerade angekommen, aber er hatte nur noch eine Woche und hat uns ein paar von seinen Sachen geschenkt) Wir sprachen mit einem Kanadier, der mit zwei Kumpel zum Paddeln und Angeln da war. Als sie ankamen, war das Wetter bzw. die Sicht für die Landung zu schlecht. Also ist der Flieger woanders gelandet und sie sind mit Hubschraubern drei/vier Tage später erst in Narsarsuaq angekommen. Da sie aber eine relativ eng getaktete Rundtour geplant hatten, mußten sie umdisponieren und konnten nur Teile der Route machen. Auch er war guter Dinge und hatte schon so viele Fische geangelt, dass er sie wieder frei gelassen hatte. „Every fish you set free, you can fish again!“,meinte er mit begeistertem Gesicht. Auf dem Hinflug schon hatten wir einen schweizer Segelmacher kennen gelernt, der noch eine Woche Urlaub hatte bevor er eine Yacht mit überführen sollte. Andere angelnde Kanadier*innen schenkten uns Reste von ihrem Fisch, den sie zu viel hatten. Ein australisches Päärchen erholten sich zwei Tage von ihrem Trek bevor sie weiter gen Norden flogen… kurz: Du könntest auch im hostel sitzen, Dir die Geschichten anhören, die alle gerne erzählen, und würdest danach auch eine Menge über Grönland zu berichten wissen 😉.

follow the sheeps… und bedenke, diese sheeps sind nicht wie unsere! Diese machen ganz schön krasse Sachen…

Nach fünf Tagen fühlten wir uns in der Lage, den Ort zu wechseln und ließen uns am Sonntag, den 29. Juli mit dem Boot einmal über den Fjord nach Itilleq übersetzen. Die meisten Leute machen sich über die 3,5km lange Straße nach Igaliku auf, zu Fuß oder lassen sich fahren (Den Kongevejen – Kings Road – bekam diesen Namen, weil 1952 ein dänischer König Igaliku besucht hatte). Wir sind – ausgerüstet mit Campingsachen und Outdoor-Essen für 9 Tage – losgestapft in Richtung des höchsten Berges, den Illerfissalik mit 1752m. Den wollten wir überschreiten und dann in einem großen Bogen umrunden. Aber wie wir schon um Narsarsuaq festgestellt haben, ist das mit den eingezeichneten Wanderwegen so eine Sache: Es gibt sie nicht, oder wir haben sie oft verloren. Relativ schnell haben wir sie nur als Richtungsangaben für den leichtesten Weg in diesem Gelände betrachtet. Erschwerend kam hier hinzu, dass um Igaliku und die weitere Umgebung die Schafe Wege machen (Gunter hat sie die Schafsautobahnen genannt), die auch als Wanderwege gelesen werden können, sich dann aber irgendwann verlaufen oder in die „falsche“ Richtung abbiegen. So fanden wir uns irgendwann auf Grassoden kletternd wieder – einem Schafsweg folgend – um die richtige Richtung zu halten, weil wir keine Lust hatten, noch mehr Umwege zu gehen. Am Nachmittag landeten wir an einem wunderschönen Strand, mit Blick auf vorbei schwimmende Eisberge in Sonnenuntergangs-Richtung. Dort schlugen wir unser Zelt auf, blieben die nächsten drei Nächte und die Eisberge wurden unsere Kumpels.

Den Illerfissalik haben wir nicht bestiegen, wir sind nur bis ca. 870m hoch  gekommen. Von dort konnten wir hinter den Gipfeln das Inland-Eis komplett sehen, was schon wieder voll der Flash war. Die Idee, den Illerfissalik zu umrunden, hatten wir auch aufgegeben, als wir den möglichen Weg auskundschafteten und uns in steilem Geröll wiederfanden, in dem ein falscher Tritt uns direkt eine Rutsche ins kalte Wasser beschert hätte. Also frei nach „Rainer von Vielen“ „Plan A, Plan B, Plan C, Plan D…“ wollten wir über einen soften Bergrücken in die entgegengesetzte Richtung zu einer Flussmündung queren und uns von hinten an das Dorf Igaliku anpirschen. Ab mittags zogen die Wolken rein, es fing an zu nieseln. Nachmittags wurde der Niesel zum Regen und wir irrten durchnässt und durchgefroren durch den Nebel bis wir schließlich klatschnass an einem See ankamen, wo wir nach einigem Suchen einen Platz für unser Zelt fanden. Kaum stand es, legte der Regen noch mehr zu. Und typischer Anfänger*innen-Fehler: Wir hatten unsere Sachen im Rucksack nicht extra in Plastiktüten verpackt, d. h. alle unsere Sachen waren naß oder feucht. Die Schlafsäcke hatten nicht so viel Nässe abbekommen, weil sie durch die Outdoor-Futtertüten geschützt waren. Zum Glück! Einmal im Zelt zog uns nichts mehr raus. Das Essen wärmten wir im Vorzelt auf und zum Pinkeln nutzten wir die leeren Tüten von unserem Outdoor-Essen. Mit feuchten Klamotten krochen wir in die Schlafsäcke und hofften für den nächsten Tag auf besseres Wetter.

Morgens wurden wir mit Regen geweckt, schlecht gelaunt schlurften wir unseren Kaffee und frühstückten erstmal. Die Aussicht in die naßen Klamotten einzusteigen trieb uns zu keiner Eile und lt. GPS waren es bis nach Igaliku 5km, leichte Strecke. Das GPS zeigte uns auch: Wir sind im Nebel zu weit abgedriftet und zudem auch noch fast im Kreis gelaufen! Nach einer Stunde lichtete sich der Himmel und die Sonne guckte vorsichtig durch die Wolken. Das war für uns der Anlaß dann doch mal das Zelt zu verlassen und unsere Klamotten zum Trockenen aufzuhängen. Der Tag wurde immer schöner, es stellte sich heraus, dass wir wieder einen schönen Platz abgegriffen hatten, entschieden uns, den Tag am See dümpelnd zu verbringen und erst einen Tag später nach Igaliku zu gehen.

Igaliku – das Fest…

In Igaliku angekommen – Freitag, den 03. August –, war unsere erste Adresse das Hotel Gardar zum Abchecken: Alle Betten (auch die im hostel) waren belegt, also suchten wir uns einen schönen Platz zum Zelten. Aber das Beste war: Es gab homemade Sandwiches mit Fisch und frischem Salat! Nach 6 Tagen Outdoor-Futter – so lecker es auch ist – erschien es wie das leckerste, das wir je gegessen hatten, paradiesisch 😊 Für den Shop waren wir nach dem Essen zu spät, aber am nächsten Tag gab es auch noch eine Chance zum Einkaufen. Auf der Suche nach einem Platz für unser Zelt fuhr ein rotes Segelschiff in den Fjord ein. Mit der Vermutung – es könnte vielleicht die LUNA sein – sind Gunter und ich so schnell wie möglich den Berg hinunter gehirscht (oder sollte ich sagen: gerentiert?) Am Hafen angekommen stellten wir fest, dass es die FREIDES war, die am Kai angelegt hatte, aber nach kurzer Zeit aufgefordert wurde zu ankern, weil das Versorgungsschiff erwartet wurde. Und das war für die nächsten Tage elementar wichtig. Uns hatte jemand erzählt, dass so viele Leute im Dorf unterwegs sind, weil an diesem Wochenende das jährliche Fest stattfindet, zu dem alle kommen, die irgendetwas mit Igaliku zu tun haben. Dauerhaft wohnen dort 25-30 Leute, hauptsächlich Schäfer*innen. An diesem Wochenende waren geschätzt 200-300 Leute unterwegs: Am Samstag hat neben dem Shop eine Band ihre Anlage aufgebaut und mit Live-Musik aufgewartet, während die beiden Pilersuisoq-Ladys im Akkord Alkoholika und auch andere wichtige Dinge vertickten. Ab dem frühen Nachmittag gab es ein Fußball-Tounier mit drei Teams auf einer Wiese, die kurz zuvor noch gemäht worden war. Es gab selbstgemachte Snacks, Bouletten und Süßigkeiten zu kaufen. Super-Stimmung! Angefeuert von den Zuschauer*innen hat am Ende das Team aus Igaliku gewonnen. Abends wurde in dem eigens aufgebauten Festzelt getafelt und später getanzt, aber da hatten wir uns schon in unser Zelt ein paar hundert Meter außerhalb/oberhalb vom Dorf zurückgezogen und hörten nachts noch Schüsse, vielleicht wurde damit die Tanzfläche eröffnet.

Der Folgetag begann wieder mit Nebel und Regen. Damit war auch hier die höchste Erhebung auf den Nuukuk mit 824m gestrichen. Wir hätten oben nur bibbernd in den Wolken abgehangen und nichts gesehen, was ja unser Hauptinteresse ist: Möglichst viel sehen! Irgendwann haben wir dann doch den Arsch hoch bekommen, uns in unsere Regenklamotten geschmissen und sind zu einem Wasserfall gelaufen. Ich konnte den ganzen Tag an nichts anderes denken, als an diesen leckeren Burger im Gardar. Deshalb sind wir nach der Fotosession mit dem Wasserfall so schnell wie möglich nach Igaliku geflitzt. Wir waren pünktlich zurück, aber… welche Trauer… alles war weggefuttert. Vermutlich haben die ganzen Touris bei dem Regenwetter schön im Café gesessen und uns alle Sandwiches weg gegessen. Immer diese Fremden… („Ich habe nichts gegen Fremde, aber diese Fremden sind nicht von hier!“ Zitat Methusalix) Am Montag (06. August) ließen wir uns wieder zurück nach Narsarsuaq fahren. Wir hatten ja noch viel zu erledigen, bevor Gunther, Eshana und die LUNA am nächsten Tag eintreffen würden. Der vorangegangene SMS-Verkehr zeigte uns, dass bald ein anderer Wind wehen würde.

Narsarsuaq, die Zweite…

Vor Narsarsuaq bot sich uns ein ungewohnter Anblick: Ein Kreuzfahrschiff ankerte im Fjord, das seine Gäste mit merkwürdigen Schiffen an Land brachte. Der Ort war dementsprechend voll mit Leuten, die weder nach Trekken, Angeln oder ähnlichem aussahen. Und das Hotel-Restaurant, dass montags immer ein Büffet mit grönländischen Gerichten anbot, war ausgebucht. (Auch darauf hatten wir uns gefreut, und wieder diese Fremden…) Im hostel angekommen, machten wir uns erstmal über das „Food for free“-Fach her und fingen an, unsere Dreckwäsche zu sortieren. Wir wollten die anderen auf jeden Fall frisch empfangen. Gunter und Eshana kamen mittags an, die LUNA am Abend und wir trafen uns dann zum Gourmet-Essen im Hotel. Dabei besprachen wir den Plan für die nächsten Tage.

(Carola, 11. August 2018)

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Probleme!?

Uns geht es hier wunderbar. Zum Glück haben wir keine Probleme, weder mit irgendwem noch mit irgendwas. Aber es gibt zahlreiche Gründe zu jammern, über Problemchen, die genau dann nerven, wenn man keine richtigen Probleme hat. Uli beklagt sich zum Beispiel noch 2 Tage später darüber, dass sie beim Smartphone hoch halten des nachts kalte Finger bekommen hat. Das war nötig, um auf See besseres Netz zu haben und Wetterdaten und eMails abrufen zu können. Wir bemühen uns, regelmäßig zu bloggen und dazu muss man halt sehen, dass man irgendwo Netz bekommt. Ist so billiger als über’s Iridium. Ich finde ja, Uli sollte froh sein, dass sie nicht ständig kalte Finger hat (Anmerkung ULI: „Nachts um 02:00 Uhr Ortszeit, ich hatte leider Wache, Dauer Datenverbindung über eine Stunde, Captain Astrid extra in der Freiwache wecken müssen, Wettergrib hat davon max. 5 min gedauert 12). Denn inzwischen ist es immer mal wieder so warm, dass sogar ich ohne Handschuhe steuern kann.
Ein weiteres Thema ist der ewige Nebel. Heute früh hat die Sonne bereits über dem Nebel geblendet, so dass es nur mit Sonnenbrille ging. Unten war dann aber trotzdem alles dicht und man fährt ins Ungewisse. Auf Dauer ist dieses Starren ins Nichts anstrengend. Und schade ist es auch, wenn wir von der tollen Landschaft nichts sehen. Ist aber halb so schlimm, denn auch heute hat sich der Nebel überraschend schnell gelichtet. Bisher waren alle größeren Eisberge im Nebel abgetaucht, wenn Suse am Steuer stand. Fotos machen fällt dann immer aus. Heute ist den Eisbergen das nicht gelungen, da der Nebel zu plötzlich weg war.
Gestern Abend kam alles zusammen. Mal wieder waren wir 1 Stunde zu spät dran. In nur unzureichend vermessenen Gewässern in Dunkel bei Nebel einen Ankerplatz suchen ist etwas, was ich gerne vermeide. Ging aber nicht anders. Draußen war zu wenig Wind, um zu segeln. Ins Innenfahrwasser hat es dann so reingedüst, dass der erste Ankerplatz wegen auflandigem Wind und wie sich herausstellte auch zu großer Wassertiefe ungeeignet war. Also weiter. Der Wind hat dann gleich noch den Nebel hinter uns hergeschickt, so dass wir uns auf den Kartenplotter und das Radar verlassen mussten. Hat aber gut geklappt. Vom Hinweg wissen wir, dass die Karte keinen Versatz hat. Als wir die ausgewählte Ankerbucht (Helene Havn) kurz vor 23 Uhr erreichen, reißt der Nebel etwas auf und wir können zwischen den Felsen einen Rest des roten Abendhimmels erblicken, Nebelschwaden ziehen eilig vorbei und verhüllen bald darauf wieder alles. Wir sind begeistert! Schöner Ankerplatz, merken wir uns für’s nächste Mal!
Was mir noch Probleme macht, ist, dass ich eigentlich nie gut einschlafen kann. Oft liege ich ewig rum, bis endlich der Schlaf kommt. Lesen in der Koje finde ich unbequem, wieder aufstehen ist auch doof. Am besten schlafen kann ich eigentlich in meiner Standby-Wache. Suse steuert dann und ich liege im Cockpit standby. Das führt dann meist dazu, dass ich zwar gut wegnickere, aber bald wieder aufwache, weil meine Füße kalt sind. Kalte Füße ist für so ziemlich alle hier ein ständiges Problem. Ich finde es auch egal, was ich anziehe, denn irgendwann stellt mein Körper einfach auf Spardurchblutung um und lässt die Füße weg. Suse ist die einzige, die widerspricht, da sie immer warme Füße hat. Ungeklärt bleibt, ob das an dem Markenprodukt, das sie an den Füßen trägt, liegt oder einfach immer so ist.
Was noch? Wir hatten seit Ewigkeiten keinen frischen Fisch mehr. Liegt aber daran, dass wir zu selten angeln. Einerseits möchte ich nicht wieder Misserfolg erleben, andererseits – von selber springen die Dinger auch nicht an Deck. Also: Vorsatz für heute ist so oft zu angeln, bis es klappt!
Was wir nicht erwartet hatten, ist dieses hohe Verkehrsaufkommen. Man denkt, man sei hier in der Einsamkeit, außer uns nur Berge, Wasser, Eis und Wale. Doch nein, ständig heizt ein Motorboot vorbei, egal wie weit die nächste Siedlung entfernt ist. Wir haben langsam den Eindruck, dass wirklich alle Grönländer an uns vorbeifahren, um zu winken und zu zeigen wie schnell sie sind.
Fazit: uns geht es wunderbar hier!
(Astrid, 06. August)

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Dämmerung Teil 2

Freitag 03.08.2018

Paamiut schaffen wir heute nicht mehr. Also fällt die Wahl auf die Ankerbucht „Avigait“ 20 sm weiter nördlich. Wenn wir schnell sind klappt es vielleicht noch vor der Dunkelheit.

Wir motoren das letzte Stück nach der Passage  des „Frederikshabs Isblink“ nach draußen. Und werden mit einem Sonnenuntergang verwöhnt, der seinen Namen verdient. Herrlich anzusehen, das Gletschereis wird rötlich ausgeleuchtet, ebenso die Steile Küste Grönlands. Das Wasser ist noch karibisch blau vom Gletscherwasser, teils fast weiß vom Sand. Der Himmel rot, ….

Zugegeben, ein Sonnenuntergang kann auch schön sein. Besonders von See aus mit freiem Blick.

Um 24:00 Uhr gibt es noch Restlicht, wir sehen seit Wochen mal wieder Sterne. Ein heller Fleck am Himmel gibt uns Rätsel auf: Zu hell für einen Stern, leicht rötlich, vielleicht doch ein Segler? Schwer zu beurteilen, ob sich der Lichtpunkt bewegt. Oder ist es nur unsere Bewegung beim Anlaufen von Avigait. Ab und zu verschwindet er hinter einer Insel, taucht wieder auf. Nach einiger Zeit wird klar, das er langsam noch oben wandert, also kein Boot.

Dafür kommt der Mond rot leuchtend hinter einem Berg hervor. Halbmond, der langsam zum Viertel wird. Leider bald wieder von Wolken verdeckt.

In der Bucht ist es dann doch um 00:30 Uhr recht dunkel. Die elektronische Karte hat einen Versatz von ca. 150 m, in der Bucht liegen mehrere Steine, da gerade Hochwasser ist, leider nicht sichtbar.

Langsam tasten wir uns vor und ankern dicht hinter einer kleinen Insel.

Um 04:00 Uhr bestätigt ein Blick nach draußen, dass die Steine weit genug weg sind. Zum Glück hält der Anker bis morgens, der Ankeralarm meldet sich erst um 7:00 Uhr.

Und jetzt weht es aus SE, wir warten auf ein Abflauen. Hoffen, dass der Regen ausbleibt, noch ist es trocken.

(Uli)

Samstag, 04.08.2018

Der Regen bleibt nicht aus. Noch bei unserem Landgang in der halb verlassenen Siedlung Avigait setzt er ein, nicht stark, aber beständig. Während der Windgenerator ungerührt läuft und den in die Bucht hineinwehenden Wind nutzt, wird das Deck der LUNA tropfnass. Da ist es – bei 6°C draußen – im geheizten Salon bei Kaffee und Keksen sehr gemütlich; die alltägliche Abendessensdiskussion wird unter Inspektion der Vorräte geführt und bringt gerade getrocknete Tomaten zum Vorschein, die sich später zu dem frisch gepflückten Löwenzahn gesellen dürfen.

Fischtechnisch hatten wir auf unserer gesamten bisherigen Etappe von Sisimiut eher wenig Glück, nur ein kleiner Dorsch verirrte sich in einem Fjord an die Angel. Vor allem nach den Geschichten der letzten Törnabschnitte („einmal die Angel reingehalten und neun Dorsche auf einmal hingen dran!“) stellt sich die Frage, woran das liegt. Ist der Süden vielleicht weniger fischreich als der Norden? Umfahren wir vielleicht unwissentlich die guten Angelgründe? Oder haben wir dem Meer mangelnden Respekt erwiesen und nun hält die Mutter des Meeres die Tiere bei sich?

Um Letztere rankt sich eine bekannte grönländische Legende, die bereits in der „Air Greenland“-Bordzeitschrift zu lesen war und die auch im Nationalmuseum in Nuuk wieder auftauchte. Demnach hält die Mutter des Meeres, wenn die Menschen sie erzürnt haben, die Tiere – Fische, Robben, Eisbären, … – in ihren langen Haaren fest und enthält sie den Jägern und Fischern vor, sodass diese leer vom Fisch- und Robbenfang zurückkehren. Nur ein gewitzter Schamane mit viel Mut und Seele könne dann so nah an sie herankommen, dass er ihre Haare liebevoll bürsten und pflegen darf, ohne sich selbst darin zu verfangen. Daraufhin gebe die Mutter des Meeres gerührt die Tiere wieder frei.

Ihr ist in Nuuk eine Skulptur gewidmet, die passenderweise vor dem alten Ortskern im Wasser steht und sanft von kleinen Wellen umspielt wird.

 

Wären nicht Logbuch, Wachwechsel und der tägliche Positionsbericht an Aasiaat Radio, wäre die bereits vergangene Törnwoche zu einem ununterbrochenen datumslosen Zeitklumpen verschmolzen. Während es nördlich des Polarkreises noch stets hell war, haben wir inzwischen zwar auch ein paar dunklere Stunden nachts – aber dennoch, die Tage verschwimmen erholsam zu einer einzigen Erinnerung. Die vorbeiziehende Kulisse der grönländischen Westküste ist eine reine Augenweide, ein Panorama, von welchem man den Blick gar nicht mehr abwenden möchte. Alpine Gebirgslandschaften, die Gipfel vielfach schneebedeckt, tiefe Fjorde, tausende kleiner felsiger schärenartiger Inselchen vor der Küste, karibisch türkisgrünes Wasser, in dem immer wieder Robben spielen…

Im Hamborgersund, vor großartig spektakulärem Fjord-Berg-Hintergrund, packten wir den Blister aus, setzten ihn an backbord und genossen, orange-weißes Segel vor blauem Himmel, ein kurzes schnelles Segelvergnügen. Hoch – runter – hoch – runter … jeder Windhauch aus der richtigen Richtung wird eingefangen und zum Segeln genutzt. Leider steht insgesamt der Wind nicht ganz auf unserer Seite, sodass vor kurzem in der Gesamtbilanz die Motormeilen die Segelmeilen überholt haben. Mal sehen, ob wir bis Narsarsuaq wieder ein wenig ausgleichen können! Für heute Nacht jedenfalls haben wir im äußeren Fahrwasser fest geplant, zu segeln. Mit in der Dunkelheit hoffentlich ausreichender Sicht auf mögliche Eisberge, die sich hier im Süden herumtreiben. Astrids Prognose, Eisberge seien scheu und würden sich erst in der Dunkelheit zeigen, wenn die Sicht schlechter wird, widersetzte sich zumindest gestern Abend ein vorwitziges Exemplar am Südende des „Frederikshabs Isblink“. Im bunten Licht des Sonnenuntergangs zog er an uns vorbei Richtung Norden und ergänzte das abendliche Farbenspiel durch ein mystisch schimmerndes Hellblau in seinem Inneren.

(Inken)

 

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Wendekreis

Beim Einlaufen in die Ankerbucht Appamiut steht die Sonne sehr tief, die Berge des Hamborgersund mit ihren Eisfeldern sind rötlich angestrahlt. In Sisimuit hatten wir noch diskutiert, wo der Wendekreis genau liegt und wann wir ihn wieder überqueren. Ziemlich genau an unserem Ankerplatz Olsen-Sund am Vorabend, wie wir nachträglich feststellen.  Auch wenn die Sonne schon seit ein paar Tagen nachts hinter dem Horizont verschwindet, außer etwas Dämmerung war davon wenig mitzubekommen. Die Sicht auf die tief stehende Sonne haben entweder die Berge oder der Nebel versperrt.

Und nun geht die Sonne kurz nach dem Ankermanöver unter, 23:08 Uhr laut Plotter.  Wir gönnen uns ein Glas Rotwein als wirklichen „Sun-Downer“.  Mit etwas Wehmut meinerseits.

Die nächsten zwei Wochen wird es jetzt fix immer länger dunkel werden. Wir sind zügig auf dem Weg nach Süden. Am Prins Christian Sund wird es dann schon ein paar Stunden richtig Nacht werden.  Schade, es lebt und navigiert sich recht unkompliziert bei 24 Stunden Tageslicht. Dieses Licht hier im Norden hat seinen besonderen Reiz, auch die lange leichte Dämmerung und Abend- bzw. Morgenstimmung im weichen warmen Licht.

Letzte Nacht mussten wir erst wieder realisieren, dass uns die Dunkelheit nachts für ein paar Stunden wieder hat (Sonnenuntergang 23:00 Uhr, Sonnenaufgang 04:00 Uhr). Es wird wieder „Nachtfahrten“ geben, nicht nur lange Tage.

Meinem Handy gefällt es in Sisimuit übrigens so gut, dass es dort auf Grund gegangen ist. LUNA und Besatzung sind aber gemäß Plan auf Kurs Süd 😉

(ULI)

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Sommer!

Lange haben wir darauf gewartet, nun isses soweit – endlich ist der Sommer bei uns angekommen. Beim morgendlichen Joggen zum Brötchen holen komme ich bereits ins Schwitzen. Später zieht sich der Himmel noch einmal vorrübergehend zu, doch bald nach dem Ablegen setzt sich die Sonne durch. Was für ein Unterschied nach den Regentagen in Sisimiut. Die Stadt erstrahlt regelrecht in der Sonne, hübsch verstreut liegen die bunten Häuser auf den Hügeln verstreut, dahinter hohe Berge. Mal wabern letzte Wolkenfetzen vorbei, dann ist wieder alles nur tief blau am Leuchten. Am ersten Tag mit der neuen Crew lassen wir es ruhig angehen und ankern nach 36 sm für die Nacht im Anders Olsen Sund. Am zweiten Tag legen wir 64 sm zurück, segeln können wir davon nur 1 sm. Dafür aber ist der ganze Tag sonnig und warm, ein Bilderbuchsonntag. Wir genießen die tollen Aussichten und lassen die Seele baumeln.

Montag dann ein weiterer Supersommertag. Wir beginnen den Tag mit einem erfrischenden Bad (bei 5° C) in der Bucht Appamiut (auf dem Hinweg haben wir hier auch schon gelegen) und lassen uns dann bei 21° C im Cockpit von der Sonne trocknen. Beim Aufwärmen hilft frischer Kaffee. Nach einem kurzen Landgang lichten wir den Anker und fahren in den Hamborgersund ein. Vorbei an schroffen, eisbedeckten Bergen können wir diesmal mit achterlicher Brise meistens Segeln. Einfach ist das jedoch nicht. Wir ziehen gleich als erstes den Blister hoch und laufen 6,5 kn. Viel zu schnell, um vom Beiboot aus Fotos zu machen. Und viel zu schnell frischt der Wind weiter auf, also runter mit dem Ding. Wir versuchen es noch einmal, doch dann bleibt der Wind hinter dem nächsten hohen Berg weg und wir müssen die Maschine starten. Den Rest des Tages sind wir damit beschäftigt das Vorsegel zu setzen und zu bergen, zu halsen und einige kurze Flauten mit Motorhilfe zu überbrücken. Dazu lacht die Sonne, wunderbar!

Gegen Abend kommt Nebel auf. Schon länger haben wir auf See eine große Nebelbank gesehen, die irgendwann doch schnell näher kommt und uns leise umhüllt. Eigentlich wollten wir die Nacht durchfahren, doch daraus wird nichts. Vor uns liegt ein nur schlecht vermessener Abschnitt des Innenfahrwassers mit einigen Engstellen und Untiefen. Bei Nacht und Nebel wollen wir uns das nicht antun und so gehen wir zwischen 00:30 und 05:30 Uhr vor Anker, schlafen ein paar Stunden und setzen unsere Fahrt dann fort. Es dauert dann auch tatsächlich wieder bis 13 Uhr, bis die Sonne den Nebel durchdingt und der Blick auf die umliegende Bergkulisse wieder frei wird. Bei Flaute motoren wir gen Süden und werden gegen Abend Nuuk erreichen. Wir werden dort einen Tag pausieren und kräftigen Südwind mit Regen durchziehen lassen. Danach geht es dann immer weiter die Küste entlang Richtung Süden.

(Astrid, 31. Juli)

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