LUNA besucht die Westküste Grönlands
Nachdem wir euch gestern bereits über diesen wundersamen Tag berichteten, folgt hier noch ein kurzer Nachtrag, denn die Nachtwache wurde umso wunderlicher. Ulis Wache hatte soeben begonnen und die letzten Strahlen des Tageslichtes verschwanden zunehmend hinter den aufziehenden Wolken im Westen. Es wurde dunkel und still, auch der Wind hatte wieder abgeflaut. Wir unterhielten uns soeben darüber, dass man bei diesen Gegebenheiten – einer dunklen Nacht ohne Mondschein – ja prima „Meeresleuchten“ sehen können müsste – fluoreszierende Algen, die bei ausreichender Bewegung des Wassers zu leuchten begannen. Suchend starrten wir auf die pechschwarze Wasseroberfläche. War das da ein Leuchten? Oder war es nur Gischt, die sich mit ihrem hellen weiß so sehr von dem dunklen Wasser abhob? Nein, dieses Mal konnten wir uns sicher sein: die LUNA selber hinterließ in ihrem Heckwasser eine geisterhaft schimmernde Spur, die sich in der Ferne verlor. Wir betrachteten bereits fasziniert dieses Schauspiel, als Uli auffiel, dass „es komisch ist, dass sich das Bugwasser schneller als das Schiff bewegt. Und dass es umkehrt und zurückkommt“. Denn auch dort hinterließ die LUNA funkelnde Spuren. Wir sahen genauer hin. Nicht nur unser Bugwasser zog da Schlieren hellgrünen Lichtes im Wasser. Wie Kometen bewegte sich dort in der Tiefe etwas in Windeseile, schlug Haken, kam näher zur Oberfläche und tauchte wieder ab in die Tiefe, sauste unter dem Boot durch, vor und zurück. Delfine! Abermals! Dieses Mal jedoch nur als geisterhafte Lichtgestalten zu erahnen, die ihre Bahnen um das Boot zogen und im Bugwasser der LUNA umhertollten. Ich eilte nach vorne aufs Vorschiff, lehnte mich über die Reling und konnte mein Glück kaum fassen. Überall um mich herum zogen die nur schemenhaft erkennbaren Meeressäuger grünlich leuchtende Spuren um das Boot, ab und an war eine Rückenflosse zu erkennen oder ein leichtes Prusten zu hören. Ansonsten war alles still und dunkel. Ich gab mich lange dieser gespenstisch magischen Choreographie hin und wagte kaum zu glauben, in Mitten welches Spektakels ich mich dort befand. Wähnte ich mich nach den Ereignissen des Tages bereits tief in die dunklen Welten des Nordatlantiks entführt, so fühlte ich mich nun nicht einmal mehr im Stande, die hierbei aufkommenden Gefühle in Worte zu fassen. Vielleicht formuliere ich es so: Man hat das Gefühl, durch einen Sternenhimmel zu fliegen und dabei in einer Glaskapsel zu sitzen. Man ist nicht Teil des Geschehens, man kann es nicht berühren oder festhalten. Man kann es nur bestaunen während man diese fremden Welten bereist. Was bleibt, sind die Erinnerungen an diese magischen Momente, an das Gefühl, für einen kurzen Augenblick völlig fern von Zeit und Raum zu sein.
03. September (Eshana)